Noah will sterben: Eine ZDF-Doku begleitet seinen Suizid

17.01.2023 um 18:26 Uhr
    Noah ist nach einem Unfall vom Hals abwärts gelähmt und will sein Leben beenden. | © ZDF
    Noah ist nach einem Unfall vom Hals abwärts gelähmt und will sein Leben beenden. | ©ZDF

    Nach einem Unfall liegt Basketballprofi Noah monatelang im Koma. Als er erwacht, erfährt der damals 20-Jährige, dass er vom Hals abwärts gelähmt ist. Drei Jahre kämpft er mit seinem Schicksal, doch dieses Leben reicht ihm nicht.

    Die Doku-Reihe „37 Grad“ zeigt regelmäßig  Menschen in schwierigen Alltagssituationen. Aber nur selten berührt ein Beitrag so tief, wie „Der Tod – Die beste Entscheidung meines Lebens“ (Di, 17. Janaur, 22.20 im ZDF). Der erst 23-jährigen Noah Berger nimmt Autorin Tina Soliman und Kameramann Torsten Lapp mit auf seine letzte Reise, die sehr nachdenklich macht und für die Zuschauer schwer zu verdauen ist.

    Noah ist auf dem Nachhauseweg von einer Party, als ihn eine Straßenbahn erfasst. Als er aus dem Koma erwacht, ist er vom Hals ab gelähmt. „Bewegung war mein Leben“, erinnert sich der ehemalige Basketballprofi, für den Sport sein Leben ist.  "Wenn man mir die Frage gestellt hätte, ob ich den Unfall gerne überlebt hätte oder lieber nicht – ich hätte immer gesagt: Lieber nicht überlebt", sagt Noah noch im Krankenhaus zu seiner Mutter. Sie bittet ihn, doch wenigstens zu versuchen, so zu leben. Das tut Noah. Drei lange Jahre. Er beginnt ein Studium, trifft Freunde, lebt inmitten von Menschen, die ihn lieben und die er liebt. Und dennoch: Es bleibt das Gefühl, dass ihm dieses Leben nicht reicht.

    Gefangen im eigenen Körper, bewegungslos sein, das sei nicht er, sagt der ehemalige Profisportler. Schon sehr früh wächst in ihm der Wunsch nach Sterbehilfe. Seine Entscheidung, sich bei einem Sterbehilfeverein anzumelden, ist für seine Angehörigen kaum zu ertragen ist. Er weicht den Fragen nach Für und Wider der Sterbehilfe nicht aus, auch der Diskussion mit seinen Angehörigen nicht. Während die Ex-Freundin Noah Egoismus vorwirft, beginnt Mutter Claudia ihren Sohn zu verstehen: „Er weiß, dass es für uns unerträglich ist, und trotzdem kann er keine Rücksicht nehmen.“

    Das Ende selbst bestimmen zu dürfen, gibt Noah aber noch einmal Gefühl von Kontrolle und Freiheit zurück, erklärt er. Noah will ein allerletztes Mal auf Hilfe angewiesen sein. Am 5. Februar 2022 fließt ein tödlicher Medikamentencocktail durch seine Adern.

    Assistierter Suizid: In Deutschland eine Grauzone

    Bis Ende Februar 2020 war der assistierte Suizid in Deutschland strafbar. Ein Gesetz verbot seit 2015 "die geschäftsmäßige Sterbehilfe". Dagegen hatten Betroffene, Sterbehilfe-Vereine und Ärzte geklagt. Im Februar 2020 erklärte das Bundesverfassungsgerichts das Verbot, die Selbsttötung "geschäftsmäßig zu fördern" für verfassungswidrig und hob ein entsprechendes Strafgesetz auf.

    Beihilfe zum Suizid heißt, dass bei der Selbsttötung geholfen wird. Zum Beispiel, indem ein tödliches Mittel beschafft oder bereitgestellt wird. Ein entscheidendes Kennzeichen in Abgrenzung zur aktiven Sterbehilfe ist, dass der Patient das Medikament selbst einnimmt. Das Gericht forderte in Zusammenhang mit der Aufhebung des Verbots die Politik auf, dass die Sterbehilfe gesetzlich neu geregelt werden muss. Passiert ist aber bislang nichts. Daher finden assistierte Suizide derzeit immer noch in einer rechtlichen Grauzone statt.

    Im Jahr 2021 haben Sterbehilfeorganisation laut der "Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben", "Dignitas Deutschland" und "Sterbehilfe Deutschland" in fast 350 Fällen Suizide begleitet oder Assistenz für die Selbsttötung vermittelt.

    Im Gegensatz zum assistierten Suizid verabreicht bei der aktiven Sterbehilfe jemand anderes dem Patienten ein tödlich wirkendes Mittel. Diese Art der Sterbehilfe ist in Deutschland verboten. Nur in den Niederlanden, in Luxemburg, in Spanien und Belgien ist dies legal.

    Quelle: Ein Artikel von NDR Kultur vom 28. November 2022.