Tierfilmer*innen bei der Arbeit: Die erstaunlichsten Momente

26.11.2021 um 19:34 Uhr
    Eisbär schaut über die Reeling eines Schiffes | © Getty Images/Franco Banfi/Barcroft Media ©Getty Images/Franco Banfi/Barcroft Media

    So nah an einen Eisbären  würden sich wohl die wenigsten von uns wagen. Für Tierfilmer*innen gehört die Nähe zu Kreaturen - ob nun groß und bedrohlich oder klein und niedlich - zum Alltag. Wir zeigen, zu welchen schönen, gefährlichen und lustigen Momenten es bei ihrer Arbeit kommt.

    Thoralf Grospitz , Jens Westphalen und der Papageienschwarm

    Am Lagerfeuer beschlossen Thoralf Grospitz  und Jens Westphalen während des Biologiestudiums, ihren Kindheitstraum wahr zu machen und Tierfilmer zu werden, heute gehören die beiden zu den Besten ihrer Zunft. 2012 erhielten die Hamburger sogar  eine Emmy-Nominierung für "Wildes Japan".

    Ihr Herzensprojekt: einen Vierteiler über die Lebensräume Australiens. In dem sollte auch ein besonders Vogel-Phänomen gezeigt werden: "Kaum einer weiß, dass Australien die Heimat der Wellensittiche ist", so Westphalen. Sein Traum war es, einen großen Schwarm zu filmen. Das Problem: Die Vögel tun sich nur alle paar Jahre kurz in Massen zusammen. Wo und wann, ist unvorhersehbar.

    Auf einer Erkundungsfahrt südlich von Alice Springs, mitten im Outback, entdeckten die beiden einen Riesenorganismus aus rauschenden Flügeln. "Es waren Hunderttausende", erzählt Westphalen. "Wären wir eine halbe Stunde später gekommen, hätten wir sie verpasst. Ein so großer Schwarm wurde noch nie gefilmt."

    Tierfilmer Alastair Fothergill und der kletternde Eisbär

    Für seine siebenteilige Dokumentation "Die Jagd" gelangen dem "Steven Spielberg des Naturfilms", wie  Brite Fothergill auch genannt wird, diese Aufnahmen von einem Eisbären, der wegen größtem Hunger nach Ende der Robbenzeit sein Leben an einer Steilwand riskiert, um Eier aus Vogelnestern zu räubern. (Video mit französischem Originalton,  die Bilder sprechen aber für sich).  Gefilmt hat er die spektakulären, nie zuvor gesehenen Bilder von einem Eisbrecher-Schiff, an dessen Mast eine Heligimbal angebracht war, eine kreiselstabilisierte Spezialkamera mit starken Zoomlinsen. Der Kameramann bediente sie per Joystick am Computer. 

    Alastair Fothergill und der ganze Planet

    Schon als Junge dressierte Fothergill Falken und beobachtete in den Dünen Norfolks Vögel, wenn er mit der Familie die Ferien an der Küste verbrachte. Als Student der Zoologie drehte er den ersten Film, klopfte bei der BBC an und stieg dort rasch auf.

    Mit Naturfilmerlegende David Attenborough produzierte er preisgekrönte Reihen wie die beeindruckende Meeres-Doku "Unser blauer Planet". Sein berühmtestes Werk, der Elfteiler "Planet Erde" (2006), revolutionierte die Branche. Es war die erste Tierfilmreihe in HD, glänzte mit spektakulären Luftaufnahmen und nie gezeigtem Verhalten, etwa einer Jagdsequenz mit einer wilden Schneeleopardin im Himalaja. Die DVD ist die meistverkaufte Dokureihe in den USA, der Kinofilm spielte weltweit 108 Millionen Dollar ein.

    ZumThema Gefahr für Tierfilmer sagt Fothergill: "Wer in Gefahr gerät, ist schlecht vorbereitet", winkt er ab. Schlechte Straßen und Unfälle mit Helikoptern oder Heißluftballons ängstigen ihn mehr als Löwe, Tiger und Bär. 

    Tierfilmer Andreas Kieling und die Wunder der Antarktis

    Der in Gotha geboreneTierfilmer, einer der bekanntesten Deutschlands, erhielt für seine Arbeit 2015 das Bundesverdienstkreuz am Band. "Kielings kalte Welt" - im Video zu sehen Aufnahmen in der Antarktis - ist nur ein Mehrteilern von vielen, die oft im ZDF und bei Arte zu sehen waren.

    Seine Highlights. die er im Interview mit Baden online verriet: "Ich war in Alaska der erste, der eine Eisbärenpaarung gefilmt hat, und bin als erster mit einem wilden Grizzlybären in einem Gletschersee getaucht und habe den unter Wasser gefilmt. Es hat fast drei Monate gedauert, um den Bären im See an meine Nähe zu gewöhnen. Ich war auch der erste Kameramann, der einen richtigen Wildschweinkampf gefilmt hat. Beide dieser Keiler wogen etwa 150 Kilo und sind aufeinander losgegangen, und ich musste ganz nah dran sein, weil da so viele Büsche waren. Es hat vier Jahre gedauert, bis ich die Szene im Kasten hatte. "

    Tierfilmer David Attenborrough und das Staunen

    Der Brite ist der vermutlich bekannteste Tierfilmer zumindest in der westliche Hemisphäre. An unglaublich vielen, beeindruckenden Naturdokumentationen- gerne für die BBC produziert - war er beteiligt und hat zahlreiche Preise eingesammelt. Ob Insekten, Paradiesvögel oder das vielfältige Leben in den Weltmeeren: Attenborough und seinen Filmen merkt man das große Staunen über die Wunder der Natur an, dass er sich bis heute bewahrt hat. Von seiner beeindruckende Karriere kann man in der bei Netflix veröffentlichten Doku über ihn (siehe Trailer oben) beeindrucken lassen.

    Tierfilmerin Valerie Taylor & und ihre Freunde, die Haie

    Nicht nur für die Zuschauer von Tierdokus, auch für die Filmenden ändert sich die Beziehung zu einem Lebewesen, das man so aufmerksam betrachtet, dem man beim Essen, Lieben, Nachwuchs aufziehen und bei der Verteidigung seines Reviers - oft genug gegen den Menschen - zusieht. So ging es auch der Australierin Valerie Taylor, die sich von einer Jägerin von Haien zu einer Beobachterin und Beschützerin entwickelte, die zusammen mit ihrem Mann Ron Pionierarbeit im Unterwasserfilmen leistete, um die beeindruckenden Meeresbewohnerin in ihrer ganzen Schönheit und Vielfalt zu zeigen. Disney+ widmete Taylor mit Regisseurin Sally Aitken eine Doku, die ab 23. Juli 2021 dort zu sehen ist. Schon im Trailer erhält man spannende Einblicke in Taylors Geschichte.

    Tierfilmer Gordon Buchanan und die Eisbär-Umzingelung

    Tierfilmer und Eisbären, die zweite. Auch Schotte Buchanan, ebenfalls für die BBC tätig, erlebte einen ganz besonderen Moment zwischen Schreck und Begeisterung, als er bei der Aufnahme "seiner" Eisbärmutter mit Jungen für die dreiteilige, 2013 erstmal augestrahlte Doku "The Polar Bear Family & Me" .plötztlich Besuch bekam. Am Ende waren er und sein Team von 13 wilden Eisbären umzingelt. Die Tiere ließen ihn und die Crew glücklicherweise unbehelligt filmen und davonziehen. Doch die Spannung ist zwischendurch sehr greifbar.

    Tierfilmerin Dorte von Stünzner

    Müssen es immer Eisbären, Raubkatzen oder andere "Exoten" sein? Nein. Auch vor unserer Haustür auf heimischen Wiesen und schon im Garten tummelt sich eine staunens- und schützenswerte Vielfalt, derer sich Tierfilmer*innen mit ihrem besonderen Blick und gedultigen Einsatz annnehmen. Für den Mitteldeutschen Rundfunk ist Dorte von Stünzner in ihrem Homeoffice alias Gartenparadies aktiv und steht dafür auch schonmal mitten im Teich. In diesem Beitrag erlaubt sie uns einen Einblick in ihren Alltag und ihre Methoden. Tolle Bilder - unter anderem vom abhebenden Marienkäfer - gibt es auch zu sehen.

    Tierfilmer Richard Jones und der Angriff des Leoparden

    Der preisgekrönte Tierfilm Kameramann war ebenfalls für die BBC tätig und mit der Beobachtung eines Rudels Wildhunde beschäftigt, deren Leben in freier Wildbahn er damals dokumentierte. Als die Tiere einen Leoparden entdeckten und den attackierten, schien das erst noch eine Gelegenheit für fantastische Bilder. Doch dann gerieten die Tierfilmer ins Visier der in die Enge getriebenen und aufgebrachten Raubkatze. Nur Jones' Erfahrung und dem von ihm gezielt geworfenen Hut war es am Ende wohl zu verdanken, dass niemand verletzt wurde. Jones Arbeit ist unter anderm in der Netflix-Doku "Die Erde bei Nacht" zu sehen und in "Tiny Planet" auf Apple TV+.

    Tierfilme und Technik: Der neugierige Eisbär

    Um noch einmal auf unsere Eingangsfrage "Wer traut sich nah an Eisbären heran" zurückzukommen: Wie wir gesehen/gelesen haben, gibt's natürlich längst Fotoequipment, innovative Kameras und Drohnen, durch die Tierfilmer *innrn nicht mehr in die unmittelbare Nähe des zu fimenden Tieres gehen müssen, um hochqualitative Bilder zu bekommen.  Andererseits ist Technik nicht unzerstörbar, was diese  lustige Begegnung zwischen einer fahrenden Kamera und einem noch jungen Eisbärenmännchen zeigt.