Der rote, aufeinandergeschichtete Backstein steht wie kein anderer für norddeutsche Bauweise und Architektur. Als andere Städte sich im 20. Jahrhundert vorsichtig von dem traditionellen Baustoff verabschiedeten, ging Hamburg einen eigenen Weg. Vor allem in den 1920er-Jahren entstand das rote Erbe der Freien und Hansestadt: Wohn- und Kontorhausquartiere aus Backstein. Bis heute sind sie stilbildend. Aber so sicher und wetterfest der Backstein auch aussieht, nach 100 Jahren, in denen er Schlagregen, Frost und Hitze ausgesetzt war, verliert er seinen Glanz, verlieren die Fassaden ihre Stabilität. Der Mörtel rieselt, der Backstein bröckelt! Die Mauern des Altonaer Reichardtblocks drohten einzustürzen. Der Eigentümer, der Altonaer Spar- und Bauverein, suchte händeringend nach neuen Wegen in der Sanierung und fand: Joachim Schreiber. Er ist einer von acht Hamburger "Backsteinberatern" und kennt jede Schwäche von Stein, Mörtel und Verarbeitung. Er weiß auch, mit welchen neuen Methoden Altes noch zu retten ist. Wenn die Maueranker aus Stahl nicht mehr helfen, vielleicht stabilisiert ein neu entwickelter Schaum den Reichardtblock? Backsteine werden mittlerweile vielfach industriell gefertigt, die groben Steine ebenso wie dünne Riemchenverblender. Joachim Schreibers Herz hängt aber an den traditionell im Ringofen gebrannten Backsteinen. Die sind alle gleich und doch sieht jeder anders aus. Nur mit diesen Steinen, sagt Schreiber, kann die Stadt ihr Gesicht bewahren. Früher gab es Hunderte Ziegeleien an der Elbe, die diesen Stein hergestellt haben, inzwischen nicht mal mehr eine Handvoll. Im Klinkerwerk Rusch bei Drochtersen werden die Steine im Ringofen gebrannt, heutzutage wieder doppelt so viele wie vor Jahrzehnten. Und doch nicht genug. Denn der Backstein kommt flächendeckend in die Jahre. Es geht um Bestandssicherung. Die Alternative zur Sanierung heißt Abriss, gerade in Hamburg.