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„Tatort“: ARD plant mit neuen Ermittlern - aber nicht mehr mit Schweiger

16.08.2023 um 16:30 Uhr
    Nick Tschiller | © NDR Nick Tschiller hat beim "Tatort" wohl keine Zukunft mehr. | ©NDR

    Alle "Tatort"-Teams sind in der Saison 2023/24 mindestens einmal zu sehen. Mit den Ermittlern in Münster,  sollen sogar zwei Filme laufen, erzählt Jörg Schönenborn, ARD-Koordinator Fiktion. TV-Kommissar Nick Tschiller, gespielt von Til Schweiger, wird von der ARD allerdings weiterhin vom Dienst suspendiert - scheinbar für immer.

    Ein Artikel von Hörzu Chefreporter Mike Powelz

    Endlich fließt bald wieder Blut am Sonntagabend, zumindest aus Sicht der Krimifans. Am 3. September fällt der Startschuss für die neue „Tatort“-Saison. Den Aufakt macht diesmal die dienstälteste Kommissarin: Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) ermittelt in einem Fall, in dem der Schatz der Nibelungen eine wichtige Rolle spielt: „Gold“. Als prominenter Gast ist Heino Ferch dabei. Was tut sich sonst bei Deutschlands nach wie vor beliebtester Krimireihe? Gibt es neue Ermittlerteams, stehen Abschiede an, sind Events oder Mehrteiler geplant? Und wie bewertet die ARD die Tatsache, dass es nach 2022 in diesem Jahr mit den durchschnittlichen Einschaltquoten erneut abwärts ging?

    Exklusiv in HÖRZU legt der für den „Tatort“ zuständige ARD-Koordinator Fiktion, Jörg Schönenborn, die Karten auf den Tisch. Krimireihe unter Sparzwang Ein Dienstjubiläum, so Schönenborn, stehe in der Saison 2023/24 nur einmal an: „Ende November feiern wir mit ‚Borowski und das unschuldige Kind von Wacken‘ den 20. Geburtstag beim Kieler ‚Tatort‘.“ In die Feierlaune wird sich diesmal aber auch Wehmut mischen. „Auf eigenen Wunsch wird Axel Milberg aber nur noch bis 2025 im ‚Tatort‘ zu sehen sein und sich dann verabschieden.“

    In Bremen wird weiter ohne den Dänen Andersen ermittelt - Dar Salim hat keine Zeit

    Sein Abgang ist nicht der einzige der Reihe: Dar Salim, der in den Bremen-Krimis den dänischen Polizisten Andersen spielt, ist nicht mehr dabei. „Seit seinem Einstieg im Bremer ‚Tatort‘-Team 2019 hat das internationale Interesse an Salim noch mal zugenommen“, so RadioBremen-Pressesprecher Mark Lührs zu TV DIGITAL. „Die Planung einer deutschen Produktion ist schwierig, wenn US-amerikanische Filmstudios und weltweit agierende Streaming-Anbieter anklopfen.“

    Lührs will dennoch offen lassen, ob Dar Salim eines Tages vielleicht doch zurückkehrt. Ein Problem, dass es beim Göttinger „Tatort“ so nicht gibt: Florence Kasumba („Black Panther“, „Avengers“) bleibt der Reihe trotz zahlreicher amerikanischer Produktionen erhalten – die 46-Jährige ist damit der letzte internationale „Tatort“- Star. ARD-Mann Jörg Schönenborn verrät nämlich noch einen prominenten Abschied: „Leider wird es keine weiteren Mainzer Fälle mit Heike Makatsch als Ellen Berlinger geben. Die Zuschauer können aber auf einen letzten Fall mit ihr gespannt sein, der am 8.10. läuft.“ Makatschs Abgang erfolgt aus Kostengründen, so ist vom zuständigen Sender SWR zu hören, man stehe unter Sparzwang. Und auch mit Til Schweiger sind – laut Jörg Schönenborn – vorerst keine weiteren Krimis geplant.

    Weniger bekannte Schauspieler als neue Ermittler in Planung

    Statt die Verpflichtung neuer großer Namen als „Tatort“-Ermittler anzukündigen, vermeldet der ARD-Koordinator Fiktion für die Zukunft eine andere, wahrscheinlich ebenfalls dem Sparzwang geschuldete Strategie. Es gäbe Überlegungen, „tolle, bisher weniger bekannte Schauspieler als neue Ermittler zu gewinnen“. Jörg Schönenborn konkret: „Ich kann verraten, dass wir an neuen Ideen für Teams dran sind, auf die die Zuschauer gespannt sein können.“ Spannende neue Stoffe Besondere „Eventkrimis“ hingegen, wie der in der letzten Saison als Doppelfolge gezeigte – und dennoch eher quotenschwache – Amtsantritt von Kinostar Corinna Harfouch beim Berliner „Tatort“, sind laut Schönenborn diesmal nicht geplant.

    Und wie bewertet der verantwortliche ARD-Mann das leicht rückläufige Zuschauerinteresse? „Wir müssen lernen, Erfolg anders zu gewichten. Die lineare Fernsehnutzung geht insgesamt zurück, davon ist auch der ‚Tatort‘ betroffen.“ Bleibt die Frage, mit welchen neuen Themen und Stoffen die Regisseure und Produzenten der nach wie vor populären Krimireihe die Zuschauer begeistern wollen? Schönenborn: „Wenn ich auf das nächste Halbjahr gucke, dann richten wir den Fokus unter anderem auf die Arbeitsverhältnisse von Kurierdiensten, Anfeindungen im Internet und Deepfakes auf Social-Media-Accounts – sie stehen im Mittelpunkt von Ermittlungen.“ Doch natürlich kommen auch klassische Krimithemen nicht zu kurz: „Auch Mord aus Leidenschaft ist dabei. Und beim neuesten Murot-,Tatort‘ begibt sich Ulrich Tukur auf eine Suche nach dem Glück.“

    Und was sind für Schönenborn persönlich die Highlights der Saison? „Wir wollen mit jedem ‚Tatort‘ besondere Akzente setzen. Das kann gestalterisch in der Machart sein, in der Erzählweise oder Dramaturgie, aufgrund von Gaststars oder aber auch Themen.“

    Was viele Fans noch wissen möchten: Wie oft dürfen die beliebtesten Kommissare - Jan Josef Liefers und Axel Prahl als Boerne und Thiel - in Münster ran? „In diesem Winter ist mit dem Arbeitstitel ‚Der Mann, der in den Dschungel fiel‘ noch eine Ausstrahlung eingeplant, im ersten Halbjahr 2024 wird voraussichtlich eine weitere Folge laufen“, verrät Schönenborn. Insgesamt zeigt die ARD in der Saision 2023/24 zwar nur 33 „Tatorte“ und somit zwei weniger als in der letzten Saison, ber: „Alle aktuellen Teams werden in diesem Zeitraum mindestens einmal zu sehen sein“, so Schönenborn. Ein Geschenk für die Zuschauer, die sich also auch auf ein Wiedersehen mit den populären Saarbrückenern („Jackpot“, 2024), Wienern („Bauernsterben“, 15.10.), Stuttgartern („Vergebung“, Herbst), Bremern („Aus dem Dunkel“, Winter/Frühling) sowie allen anderen Teams freuen dürfen.

    Vorwürfe gegen Til Schweiger: Seine „Tatort“-Zukunft wird geprüft

    In der neuen Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ wird Schauspieler und Regisseur Til Schweiger aggressives Verhalten am Filmset vorgeworfen. Nun will der NDR prüfen, ob es weitere TV-Auftritt von Til Schweiger als "Tatort"-Kommissar Nick Tschiller geben soll. In dem Spiegel-Bericht haben mehrere Mitarbeiter der Filmcrew von mutmaßlicher Schikane und Gewalt beim Filmdreh zu "Manta Manta - Zwoter Teil" berichtet. Til Schweiger widerspricht der Darstellung im Spiegel, Crew-Mitglieder gedemütigt und das Arbeitsrecht verletzt zu haben. Das Nachrichtenmagazin gibt ab, bei der Recherche mit rund 50 Menschen aus Schweigers beruflichem Umfeld gesprochen zu haben. Die Produktionsfirma Constantin Film, die für die Dreharbeiten "Manta Manta - Zwoter Teil" verantwortlich ist, weist die Vorwürfe gegen den 59-Jährigen zurück. Schweigers Anwältin widerspricht den Darstellungen und lässt sich mit dem Satz zitieren, der Spiegel sei "offenbar nicht umfassend informiert worden". Bild am Sonntag berichtete, dass sich Til Schweiger nach den Vorwürfen auf Mallorca zurückgezogen hat. Der Regisseur hat schon seit mehreren Jahren einen Zweitwohnsitz auf spanischen Urlaubsinsel und betreibt seit vergangenem Jahr ein Hotel seiner Kette "Barefoot Hotels" in dem Ort Portocolom an der Ostküste. Dort wurde im März für den Film "Hollywood and Crime" gedreht, bei dem sowohl Schweiger als auch seine Tochter Luna mitspielen.  Nora Tschirner bestätigt indirekt die Vorwürfe Kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe hat sich auch Schweigers Schauspielkollegin Nora Tschirner in einem Instagram-Video zu Wort gemeldet. Die ehemalige "Tatort"-Kommissarin Tschirner stand gemeinsam mit Schweiger für die Kino-Hits "Keinohrhasen" und "Zweiohrküken" vor der Kamera.  Tschirner bestätigt die beschriebenen Zustände in der Filmbranche, ohne Schweiger direkt als Schuldigen zu nennen.  Es sei in der Filmbranche seit Jahrzehnten für jeden ein "offenes Geheimnis, dass diese Zustände herrschen". Offen ist jetzt auch die Frage, wie es mit Til Schweiger beim „Tatort“ weiter geht. Bisher waren Til Schweiger und sein TV-Partner Fahri Yardim als Ermittlerduo Tschiller und Gümer erst sechsmal am Sonntagabend im Ersten zu sehen, zum letzten Mal im Januar 2020 unter dem Titel "Tschill Out". Doch der Vertrag mit Til Schweiger ruht aktuell nur, es soll noch mindestens zwei „Tatort“-Fälle mit Schweiger geben. Im Jahr 2015 hatte sich der NDR mit ihm auf eine Vertragsverlängerung geeinigt. "Die erhobenen Vorwürfe haben wir wahrgenommen und uns diesbezüglich mit den in der Vergangenheit beteiligten Produktionsfirmen, die im Auftrag des NDR mit Til Schweiger für den 'Tatort' zusammengearbeitet haben, in Verbindung gesetzt", erklärt der NDR auf Anfrage von t-online. "Die Ergebnisse liegen noch nicht vor“, heißt es weiter. Die Zukunft von Til Schweiger als „Tatort“-Kommissar Nick Tschiller ist also ungewiss.

    „Tatort“ aus Kiel: Abschied von Axel Milberg als Kommissar Klaus Borowski

    Axel Milberg verabschiedet sich nach über 20 Jahren von seiner Rolle als Kommissar Klaus Borowski. Das gab der NDR heute bekannt. Der letzte Fall mit dem Kieler „Tatort“-Kommissar wird 2025 zu sehen sein. Dann wird er zum letzten Mal mit seiner Kollegin Mila Sahin (Almila Bagriacik) ermitteln. In einem langen Statement, das der NDR heute veröffentlicht hat, erklärt Axel Milberg seine Entscheidung: „Es gab im 'Tatort' nie Routine, nichts wiederholte sich, jeder Kieler 'Tatort' war anders. Ich hatte dabei das Glück, fast immer in der Regie und bei den Drehbüchern eine neue Sicht auf Themen, Motive, Milieus und Erzählweisen kennenzulernen. Oft war es auch - ganz nebenbei - eine Liebeserklärung an meine erste Heimat, das Land Schleswig-Holstein. Das alles hat ein großes, ungewöhnlich engagiertes Team möglich gemacht, insgesamt sicherlich über 1000 Menschen in den bisher 38 Folgen. Ihnen und allen tollen Schauspielerinnen und Schauspielern bin ich dankbarer, als ich es hier sagen kann. Ich danke besonders auch dem treuen Publikum. So schön die Konzentration auf die Figur 'Borowski' war, nach 21 Jahren ändert sich der Markt und ich mit ihm. Ich habe daher die Leitung des NDR gebeten, unseren Vertrag nicht noch einmal zu verlängern und freue mich auf das Neue. Jetzt geht mein Blick nach vorne.“ NDR-Intendant Joachim Knuth erklärte dazu: „Eine Ära geht zu Ende. Axel Milberg hat den 'Tatort' aus Kiel über zwei Jahrzehnte geprägt und mit seiner Figur des Klaus Borowski einen ganz eigenen norddeutschen Charakter entwickelt, der wunderbar zu Schleswig-Holstein passt. Er ist ein Ausnahmeschauspieler, dessen Verwandlungskunst und Spielfreude im 'Tatort' mir sehr fehlen werden. Für seine großartige Arbeit danke ich ihm von Herzen und freue mich, dass er dem NDR in neuen Projekten erhalten bleibt." Wie geht es weiter? Zu Borowskis Nachfolge ist noch nicht viel bekannt. Der NDR teilt lediglich mit, dass ab 2026 Schauspielerin Almila Bagriacik (Mila Sahin) im Zentrum eines neuen NDR-Tatort-Teams in Kiel stehen wird. Wer dazu gehören wird, will der Sender noch bekanntgeben.