„Steirermord“: Tobias Moretti als eiskalter Graf - so viel Agatha Christie steckt im Landkrimi

13.02.2025 um 11:15 Uhr
    Ein Mann in dunkler Tracht steht zwischen zwei Frauen in edlen Kleidern, die eine lächelt herzlich, die andere blickt nachdenklich. | © ARD Degeto Film/Allegro Film/Toni Muhr
    Graf Otto von Glanzberg (Tobias Moretti) ist schwer verliebt in seine junge Verlobte Linh (Yvonne Yung Hee Bormann, rechts). Damit sich die Familien besser kennenlernen, hat er Linhs Mutter Ho (Hang Tran Thanh) sowie ihren Vater und ihre Geschwister zum Dinner eingeladen. | ©ARD Degeto Film/Allegro Film/Toni Muhr

    In „Steirermord“ rückt ein Mann in den Mittelpunkt, der ebenso privilegiert wie undurchschaubar ist: Graf Otto von Glanzberg, gespielt von Tobias Moretti. Als seine junge Verlobte Linh entführt und nach der Lösegeldübergabe tot aufgefunden wird, eskaliert die Situation. Die Ermittlungen in der abgehobenen Adelsfamilie bieten Sascha Bergmann und Anni Sulmtaler reichlich Stoff für Scherze.

    Eigentlich ist es überraschend, dass es bis zum zwölften Steiermark-Krimi der ORF/ARD-„Landkrimi“-Reihe dauerte, bis endlich einmal „Mord“ im Titel vorkommt. Schließlich ging es stets um Mord und Totschlag. Und ausgerechnet in „Steirermord“ ist es zunächst gar nicht bewiesen, dass es sich bei dem Erstickungstod der Vietnamesin Linh (Yvonne Yung Hee Bormann) um einen Mord handelte.

    Unbekannte hatten die junge Verlobte des Grafen Otto von Glanzberg (Tobias Moretti) entführt und eine Million Lösegeld verlangt. Nach der geglückten Geldübergabe im Wald findet der Graf Linh allerdings tot auf. Rasend vor Wut nimmt er die Verfolgung der beiden auf einem Motorrad fliehenden Entführer auf und schießt einen von ihnen in Wildwestmanier hinterrücks vom Sattel.

    Er habe sich bedroht gefühlt, nicht töten wollen, behauptet Glanzberg. „Von einem Rücken“, schnaubt LKA-Chefinspektor Sascha Bergmann (Hary Prinz) verächtlich. Notwehr, na klar. Normalsterbliche müssten nun in U-Haft, doch Durchlaucht genießt die Sonderbehandlung durch Bergmanns und Anni Sulmtalers (Anna Unterberger) Chefin Nicole Sturm (Bettina Mittendorfer), mit der der Graf, reichster und einflussreichster Mann der Gegend, praktischerweise befreundet ist.

    Nach dem ungewohnt ernsten letzten Fall ist der Ton in „Steirermord“ wieder leichter, und Bergmann kann einmal mehr zu sarkastischer Höchstform auflaufen. Der Adel an sich und der Graf und seine Sippe im Speziellen bieten dafür jede Menge Stoff. „Von Glanzberg, ein komischer Name“, amüsiert er sich. „Meinst 'von Bergmann' würd' besser klingen?“, gibt seine Kollegin zurück. „Besser als 'Anni von Sulmtal - die Hühnerbaronin.“ Vor allem aber kotzt es den Kriminaler so richtig an, dass für diesen Glanzberg andere Regeln gelten, was seine und Annis Ermittlungen erschwert.

    Landkrimi trifft Agatha Christie

    Dass Linh wegen Graf Ottos Vermögen sterben musste, scheint allerdings klar. In dessen Familie weint ihr, die als Graf Ottos Frau alle Erbansprüche gehabt hätte, niemand eine Träne nach. Als sich alle Glanzbergs im Familienschloss zum Verhör versammeln, wähnt sich nicht nur Bergmann kurzzeitig in einem Agatha-Christie-Film - mit Seifenoper-Elementen.

    Da wäre etwa Heinrich, der Bruder des Grafen, ein langhaariger, nach alten Büchern müffelnder Historiker, herrlich exzentrisch verkörpert von Ulrich Reinthaller. Daneben seine mit dem Autohausbesitzer Kristoph (Clemens Berndorff) verheiratete Tochter Serafina (Julia Koch), die mit Linh befreundet war, was allerdings vorbei gewesen sein dürfte, als Otto Linh statt Serafina in den Vorstand der Firma bestellte. Ottos Sohn Alexander (Alexander Absenger) wiederum interessiert sich weniger für das Familiengeschäft als seine Musik und könnte, wie sein Onkel Heinrich, durchaus eine Finanzspritze gebrauchen. Und dann ist da noch Ottos Ex-Ehefrau Viktoria (Petra Morzé), die so einiges über Seitensprünge, Skandale und Todesfälle in der Familie zu erzählen hat.

    „Seltener Blick für den doppelten Boden von Figuren“

    Der eigentliche Kriminalfall rückt in der von Wolfgang Murnberger wunderbar geschriebenen und umgesetzten Adelsposse in den Hintergrund. „Steirermord“ lebt von der stellenweise geradezu parodiehaften Inszenierung des Kontrastes zwischen dem aus der Zeit gefallenen Standesdünkel, der Selbstherrlichkeit und Anspruchshaltung der Von und Zus und der ungläubigen Reaktion Bergmanns - stellvertretend für die Zuschauer - auf das Schauspiel, das sich ihm da präsentiert.

    Dass ihm ebendieses Schauspiel große Freude bereitete, sieht man besonders Tobias Moretti in der Rolle des Grafen Otto an. Murnberger habe „einen seltenen Blick für den doppelten Boden von Figuren, und es ist immer besonders, das mit ihm zu entwickeln“, so der Schauspieler, der mit Murnberger schon in der Wolf-Haas-Verfilmung „Das ewige Leben“ zusammengearbeitet hatte. „So entstehen Figuren, die eine Komik haben und dabei glaubhaft bleiben. Auch dieser Otto Graf Glanzberg ist eine absurde Erscheinung, mit einem merkwürdigen Selbstverständnis, mitten in dieser menschlich abgründigen Familiendynastie. Gerade in so einem Ensemble von Schauspielkolleginnen und -kollegen war das ein Schmankerl für mich, und ich habe diese Figur richtig liebgewonnen und ungern wieder verlassen.“

    Quelle: Susanne Bald / teleschau

    „Steirermord“ läuft heute, 13. Februar 2025, um 20.15 Uhr im Ersten.

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