Roland Kaiser: Neid und Missgunst in der Schlagerbranche sind nur ein Mythos

23.02.2024 um 12:00 Uhr
    Lampenfieber? Für Roland Kaiser ein Fremdwort: „Vor Auftritten habe ich nur Vorfreude!“ | © Imago Lampenfieber? Für Roland Kaiser ein Fremdwort: „Vor Auftritten habe ich nur Vorfreude!“ | ©Imago

    Exklusiv bei HÖRZU: Roland Kaiser im Interview zu seinem 50. Bühnenjubiläum.

    Schon 50 Jahre auf der Bühne, allein 67 Auftritte in der „ZDFHitparade“, mehr als 90 Millionen verkaufte Tonträger, zusammengerechnet 120 Wochen in den deutschen, österreichischen, schweizerischen Charts: Roland Kaiser wird von Fans „Der Kaiser“ genannt – völlig zu Recht. Am Samstagabend (24.Februar, ab 20.15 Uhr) ehrt das ZDF ihn mit der Mitte Dezember in Offenburg aufgezeichneten TV-Show „Giovanni Zarrella präsentiert: 50 Jahre Roland Kaiser“

    Die Jubiläumsgala ist ein bunter Mix. Es gibt Neuinterpretationen bekannter Kaiser-Hits, dargeboten von Stars wie Beatrice Egli, Kerstin Ott und Maite Kelly. Dazu mal unterhaltsame, mal tiefgründige Couchgespräche mit Kaisers Kollegen über ihr Verhältnis zum Jubilar, dessen Erfolgsrezept und seine charmanten, auch doppeldeutigen Texte. Im Interview mit HÖRZU blickt der Kaiser des Schlagers zurück auf seine lange Karriere.

    Ein Interview von HÖRZU Chefreporter Mike Powelz

    Roland Kaiser, am 24.2. zeigt das ZDF die TV-Show „Giovanni Zarrella präsentiert: 50 Jahre Roland Kaiser – das große Bühnenjubiläum“. Was bedeutet Ihnen diese Ehre?
    Roland Kaiser:
    Das trifft es ganz gut, die Show ist tatsächlich eine große Ehre für mich, obwohl ich nicht gerne im Mittelpunkt stehe. Und natürlich ist es für mich besonders interessant und unterhaltsam, zu sehen, wie sich meine vielen Kolleginnen und Kollegen – von Maite Kelly über Beatrice Egli bis zu Bülent Ceylan und Semino Rossi - in unterschiedlichsten musikalischen Gewändern zeigen. Dadurch wird der Abend so abwechslungsreich. Ja, diese Show ist purer Wahnsinn.

    Mit welchem Blick schauen Sie zurück auf die vergangenen 50 Jahre?
    Roland Kaiser:
    Grundlegend natürlich mit Zufriedenheit und einem großen Lustgefühl. Es ist schon ein riesiges Geschenk, fünf Jahrzehnte in einem doch sehr erfolgreichen Rahmen gemacht zu haben. Das Glück, noch in der Lage zu sein, 2024 in Stadien zu gehen und dort mehrere Konzerte zu geben, ist ja nicht jedem gegeben.

    Der schönste Moment in Ihrer Karriere?
    Roland Kaiser:
    Es gibt so viele schöne Konzerte, die ich in den letzten fünf Jahrzehnten erleben durfte, dass ich kein einzelnes herausgreifen möchte. Die schönsten und größten Momente meines Lebens waren die Geburten meiner Kinder.

    Nach welchen Kriterien wurden die Songs, die Ihre Kollegen in der Show performen, an die jeweiligen Künstler verteilt?
    Roland Kaiser:
    Zum Teil haben sie sich dieselbst ausgesucht. Kerstin Ott beispielsweise wollte gern „Joana“ interpretieren, Beatrice Egli „Ich glaub, es geht schon wieder los“ und Bülent Ceylan „Santa Maria“.

    Aber durften Sie die auftretenden Künstler selbst aussuchen oder vorschlagen?
    Roland Kaiser:
    Die Auswahl der Künstlerinnen und Künstlerhaben die Redaktion, die Produktion und ich gemeinsam vorgenommen – es sind allesamt Menschen, die meinen Weg schon lange begleiten oder, wie beispielsweise Kerstin Ott, spannende Künstler mit einer eigenen Aussage sowie sehr guten Texten. Deshalb war Kerstin eine meiner Wunschkandidatinnen.

    Bitte ein paar Beispiele: Mit welchen der Künstler fühlen Sie sich besonders verbunden?
    Roland Kaiser:
    Semino Rossi kenne ich schon über 20 Jahre, Thomas Anders sogar bereits seit fast 35 Jahren. Beide sind wunderbare Sänger und reizende Kollegen. Gregor Meyle hat „Mit bis zum letzten Atemzug“ einen wunderbaren Song für mich geschrieben – mit ihm zu singen ist immer eine große Freude. Und wie unglaublich viel mich mit Maite Kelly verbindet weiß jeder, der „Warum hast du nicht nein gesagt?“ mag.

    Gibt es in der ZDF-Show neue Lieder von Ihnen?
    Roland Kaiser:
    Ja, den Song „Weil du es bist“ von meinem aktuellen Album.

    Schreiben und komponieren Sie noch selber?
    Roland Kaiser
    : Nein. Früher habe ich viel getextet, aber inzwischen lasse ich gern mal Autorinnen und Autoren ran – weil mich deren Sichtweise interessiert: Wie sehen sie mich und meine Musik? Für mich ist es recht spannend, das zu erleben.

    Fallen Ihnen manchmal, wie es ja bei manchen Künstlerseelen der Fall ist, Songs und Melodien im Schlaf ein?
    Roland Kaiser:
    Nein, allerdings sind Melodien und Texte tatsächlich eine Mischung aus Empfundenem, Erlebten, Beobachtetem und Intuitivem. Momentan habe ich mich aus dem Autorenleben relativ zurückgezogen, weil ich glaube, dass mich andere Menschen nochmal ganz anders betrachten – und mir andere Worte zuschreiben – können.

    Welcher Ihrer unzähligen Hits beschreibt Ihr Leben am besten?
    Roland Kaiser:
    Sicher der Song von Gregor Meyle, den er mir zum 70. Geburtstag geschenkt hat – weil er mein Leben darin in drei Versen und dem Refrain sensationell erfasst hat. Insofern lautet die Antwort: „Bis zum letzten Atemzug!“

    Welche Grafik – von der Sinuskurve bis zur geraden Linie – bildet Ihre Karriere wohl am trefflichsten ab?
    Roland Kaiser:
    Zuerst ist es, anfangs langsam, dann immer schneller, aufwärts gegangen. Diese Phase war geprägt von großen Erfolgen im Schallplattenbereich. Anschließend hatte ich zehn Jahre, in denen es wirklich schwierig war. Nach meiner Krankheit kam dann die zweite Hälfte meiner Karriere. Dieser Abschnitt wurde geprägt von Erfolgen im Bereich des Tonträgers sowie der Live-Ebene. Nach aktuellem Stand (die Redaktion: Dezember 2023) haben wir bereits fast 350.00 Tickets für 2024 verkauft. Das ist absoluter Wahnsinn – und es macht mich eher dankbar als stolz. Denn wenn man im zweiten Leben ist, ist man sowieso von Haus aus viel bescheidener und entspannter – und schenkt den schönen Momenten des Lebens viel mehr Beachtung. Das es nochmal so gekommen ist, ist für mich ein großes Geschenk.

    Sie haben jahrzehntelang geraucht. War das die Ursache für Ihre Krankheit?
    Roland Kaiser:
    Natürlich war die Krankheit COPD ein Ergebnis vom Leben als Raucher. Aber nicht jeder, der viel raucht, bekommt sie auch. Ich hatte offensichtlich eine Disposition dafür – und dann kam diese Krankheit zu mir.

    Wie muss man sich Ihren Alltag nach der überwundenen Krankheit vorstellen? Betreiben Sie mehr Fitness?
    Roland Kaiser:
    Ja, ich mache viel mehr Sport als früher. Als junger Mensch habe ich dem Satz „Wer rastet, der rostet“ keine Bedeutung beigemessen, doch heute weiß ich um seinen Sinn.

    Howard Carpendale hat HÖRZU mal im Interview verraten, dass es hinter den Kulissen der ZDF-„Hitparade“ „Sex, Drugs and Rock’n’Roll“ gegeben habe. Stimmen Sie ihm darin zu?
    Roland Kaiser
    : Ich kann das so nicht bestätigen. Die Künstlerinnen und Künstler waren sich immer der Bedeutung dieser Sendung und ihres Auftrittes bewusst und waren daher konzentriert und hatten alles andere im Kopf als Sex, Drugs and Rock’n‘Roll.

    Was haben Sie sich von Ihrer ersten Gage gekauft?
    Roland Kaiser:
    (lacht): Die war so gering, dass ich mich tatsächlich überhaupt nicht mehr daran erinnere …

    Wollten Sie schon als Kind Sänger werden?
    Roland Kaiser:
    Nein, mein Traumberuf war immer Pilot. Zwar habe ich ihn nicht ergriffen, bin aber später Privatpilot geworden und fliege seit rund 30 Jahren.

    Aber wie wurden Sie als Sänger entdeckt?
    Roland Kaiser:
    Über den Sänger Randolph Rose kam ich 1973 in Kontakt zu seinem Bruder, der damals Künstler managte. Als wir uns über die „Hitparade“ austauschten, habe ich ihm erzählt, dass es ja wohl nicht so schwer sein könne, in dieser Sendung aufzutreten – schließlich müsse man nur drei Minuten singen, dürfe den Text nicht vergessen, und klar, auch nicht hinfallen, und könne anschließend wieder gehen. Nach dieser Ansage wurde ich im Dezember 1973 zum Vorsingen in die Wittelsbacher Straße eingeladen. Als ich dort ankam, habe ich mir ein Playback von Elvis – „In the Ghetto“ – ausgesucht, es gesungen und bekam anschließend einen Dreijahresvertrag.

    Ging’s ab dem Zeitpunkt sofort steil aufwärts?
    Roland Kaiser:
    Nein, im Gegenteil. In den ersten zwei Jahren habe ich im Prinzip nur Misserfolge produziert. Erst 1976 kamen dann Hits. Ab diesem Moment musste ich mich entscheiden, ob ich in meinem damaligen Beruf als Automobilkaufmann ineine Managementebene aufsteige oder es mit der Musik versuche. Damals habe ich mich schließlich für’s Singen entschieden. Und das war wahrscheinlich nicht ganz falsch.

    Stichwort Schlagerbranche: Stimmt der Mythos, dass es hinter den Kulissen der vermeintlich heilen Welt viel Neid, Missgunst und Konkurrenzdruck gibt?
    Roland Kaiser:
    Nein, das ist tatsächlich nur ein Mythos. Die Leute übertreiben gern. Meine Erfahrungen in dieser Branche sind große Kollegialität, dass jeder jedem alles gönnt und es weder Neid noch Missgunst gibt.

    Ihre Meinung über TV-Castingshows?
    Roland Kaiser:
    Ich würde mich wahrscheinlich nicht trauen, bei sowas mitzumachen. Aber logisch, diesen Weg zu beschreiten ist auch ein Weg, um entdeckt zu werden – und eine moderne Form, sich zu präsentieren.

    Stichwort Karriereende: Haben Sie einen Plan im Auge, wann Sie der Bühne den Rücken zukehren?
    Roland Kaiser:
    Nein, so lange ich würdevoll auf einer Bühne stehen kann, und die Kraft habe, das auch sängerisch zu schaffen, mache ich weiter.

    Schlussfrage: Kennen Sie noch Lampenfieber? Und haben Sie kleine Rituale, bevor Sie auf die Bühne treten? Oder Glücksbringer?
    Roland Kaiser:
    Weder Glücksbringer noch Rituale – und auch nie mehr Lampenfieber. Dafür aber jedes Mal dasselbe: riesige Vorfreude.

    „Giovanni Zarrella präsentiert: 50 Jahre Roland Kaiser – das große Bühnenjubiläum": Samstag,  24.Februar, ab 20.15 Uhr im ZDF