„Polizeiruf 110“: Johanna Wokalek feiert ihre Premiere als Kommissarin ohne Macken

17.09.2023 um 18:15 Uhr
    Die neue Ermittlerin in München heißt Cris Blohm und wird gespielt von Johanna Wokalek.  | © BR
    Die neue Ermittlerin in München heißt Cris Blohm und wird gespielt von Johanna Wokalek. Weiterhin dabei ist Stephan Zinner (Mitte) als ihr Kollege Dennis Eden. Im ersten Fall „Little Boxes“ feiert Bless Amada als Otto Ikwuakwu seinen Einstand, der allerdings kein fester Teil des Teams sein wird. | ©BR

    Johanna Wokalek spricht im HÖRZU-Interview über ihren Einstand als Kommissarin im neuen, leicht satirischen „Polizeiruf 110: Little Boxes“.

    Sie bezeichnet sich als „nicht ehrgeizig“, ist bodenständig und humorvoll – und verteilt schon mal Tickets an Falschparker, um ihren Jobfrust abzureagieren. Die neue Ermittlerin Cris Blohm mischt den „Polizeiruf 110“ ganz schön auf, gespielt wird sie von Johanna Wokalek (48). Bei ihrem ersten Einsatz im Krimi „Little Boxes“ jagt sie den Mörder eines vermeintlichen Vergewaltigers – und legt sich mit radikalen Feministinnen und politisch überkorrekten Vorgesetzten an. HÖRZU sprach mit der Schauspielerin über ihre Rolle, den Fall – und warum die Kommissarin einmal sogar über den Flur tanzt.

    Ein Interview von HÖRZU Chefreporter Mike Powelz

    HÖRZU: Ermittlerin im „Polizeiruf 110“, das ist für viele Schauspielerinnen ein Traumjob. Für Sie auch?

    JOHANNA WOKALEK: Ich betrachte das nicht aus einer Überschrift-Perspektive. Meine Entscheidung, Fernseh-Kommissarin zu werden, entsprang vielmehr der Neugier auf neue Begegnungen. Am Münchner „Polizeiruf“ schätze ich besonders die großartige redaktionelle Betreuung. Außerdem gefällt es mir, dass jeder Film ein Einzelstück ist.

    Es heißt, Sie hätten Ihre Kommissarin Cris Blohm und das Drehbuch zur ersten Folge mitentwickelt...

    Ja, ich hatte tatsächlich die Freiheit, den Namen für meine Figur auszuwählen. Vorab habe ich viele verschiedene Ideen in meinem Umfeld herumgeschickt und der Redaktion schließlich „Cris Blohm“ vorgeschlagen. Was das Buch betrifft, haben der Autor und ich uns vor Drehstart getroffen und Ideen besprochen, die noch in den Film einfließen konnten – aber größtenteils war das Drehbuch zu diesem Zeitpunkt bereits fertig.

    Verraten Sie uns mehr über Ihre undurchsichtige Kommissarin. Wie lautet Cris’ voller Name? Ist sie Single? Und wie tickt sie privat?

    Der volle Name lautet „Christina“, und ja, sie ist Single. Nach ein paar Jahren im Ausland kommt sie frisch zurück nach München. Gereizt an der Figur hat mich, dass Cris Raum für Assoziationen und auch Fragen bei den Zuschauerinnen und Zuschauern zulässt. In der ersten Folge „Little Boxes“ machen sie ihr Humor und ihre Lässigkeit interessant, aber bereits im zweiten, bereits abgedrehten Krimi mit dem Titel „Funkensommer“ gibt es weitere Facetten meiner Figur. Je komplexer eine Rolle ist, umso lebendiger kann sie sein. Sicherlich werden mit der Zeit aber auch „Untiefen“ in Cris zu entdecken sein.

    Warum ist Ihre Figur eine Ermittlerin ohne die sonst typischen Macken?

    Ich habe mir vorgestellt, dass ich Cris Blohm zukünftig regelmäßiger begegnen werde, um mit ihr Zeit zu verbringen. Da wollte ich sie nicht mit einer Tabletten oder Alkoholsucht vorbelasten. Ich hatte den Wunsch nach Unbeschwertheit. Sie soll unbelastet und offen auftreten – mit großer Lust und Neugierde aufs Leben.

    Trailer zum „Polizeiruf 110: Little Boxes“

    Was mögen Sie an Ihrem ersten „Polizeiruf“? Was ist das Besondere?

    Die zugespitzten Dialoge und die Art und Weise, wie die Themen Rassismus, Feminismus und Genderstudies aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet werden. Das Buch versucht humorvoll und überspitzt, dazu anzuregen, kompromisslose Überzeugungen infrage zu stellen oder zumindest darüber miteinander zu streiten und zu debattieren.

    Worauf spielt der merkwürdig anmutende Titel „Little Boxes“ an?

    Der Titel stammt aus einem Song von Malvina Reynolds aus dem Jahr 1962 und beschreibt – unter anderem – die stereotyp gebauten Wohnverhältnisse in Dale City. Die Häuser in der Gegend sehen aus wie „Little Boxes“. Mein Krimi stellt die Frage, ob wir nicht selbst mit unserem jeweiligen Denken in „Boxen“ gefangen sind und ob es einen Weg gibt, um sie zu verlassen – beispielsweise indem man mal einen Schritt aus seiner Box herausgeht und humorvoll auf mögliche Konflikte und Auseinandersetzungen blickt, vielleicht sogar gemeinsam lacht. Denn Lachen befreit!

    Gilt das auch für das Tanzen? Immerhin bewegt sich Ihre Ermittlerin im Flur des Kommissariats stilecht zu Michael Jacksons „Billie Jean“.

    Ich selbst tanze liebend gern, für mich ist das eine wunderschöne Art, um beispielsweise ein Freiheitsgefühl auszudrücken. Cris hat dieses Freiheitsbedürfnis ebenfalls, was ich an ihr mag. Außerdem ist auch das Tanzen ein Bild dafür, wie sie aus den „Little Boxes“ ausschert.

    „Polizeiruf 110: Little Boxes“: So, 17.09., 20.15 Uhr im Ersten und in der Mediathek