Entführt, gequält, entkommen: Der Psychothriller „Ohne jede Spur: Der Fall der Nathalie B.“ erzählt von realem Grauen. Das heute 32-jährige Entführungsopfer erinnert sich bei HÖRZU an die schwersten Stunden ihres Lebens.
Es ist eines der erschütterndsten Verbrechen in der jüngeren österreichischen Kriminalgeschichte: Am 23. Juli 2019 wird die damals 27-jährige Radrennfahrerin und Triathletin Nathalie Birli (heute 32) während einer abendlichen Trainingstour in der Nähe ihres Wohnorts bei Graz von einem Mann angefahren – mit voller Absicht. Er verschleppt die verletzte junge Frau in ein abgelegenes Haus, wo ein stundenlanges Martyrium beginnt: Der psychisch gestörte Täter entkleidet und misshandelt die junge Mutter in dem Wahn, er könne sie so zu seiner Partnerin machen. Jede Sekunde muss sie eine Vergewaltigung fürchten – oder gar den Tod. Dass Birli überlebt und den Täter Christoph K., im Film Florian genannt, am Ende überreden kann, sie freizulassen und sogar nach Hause zu fahren, gleicht einem Wunder.
Jetzt erzählt der packende True-CrimeThriller „Ohne jede Spur: Der Fall Nathalie B.“ (abrufbar in der ARD Mediathek) mit Luise von Finckh („Liebling Kreuzberg“), wie es der Sportlerin gelang, sich schließlich zu befreien. Auch in der ARD-Medaithek verfügbar: Die bewegende Doku „Das zweite Leben von Nathalie“, in der neben dem Opfer auch Ehemann Martin Schöffmann sowie die damals ermittelnden Kriminalisten vor die Kamera treten. HÖRZU traf Nathalie Birli (heute Schöffmann) und Hauptdarstellerin Luise von Finckh zu Interviews über die Verfilmung des schrecklichen Verbrechens.
Sind die harten Folterszenen im Thriller wahrheitsgetreu? Im Film wird die junge Frau gewürgt und sexuell misshandelt, auch wenn es nie ganz zur Vergewaltigung kommt. Musste Nathalie Birli dies tatsächlich so durchleben? „Das Gros der Szenen wurde realitätsnah umgesetzt“, sagt sie. „Zwar musste für die Spannung manches zugespitzt werden, aber vieles hat sich genau so zugetragen.“ Auch die Badewannenszene, in der der Täter sein Opfer fast ertränkt? „Ja“, so Birli. „Als er mich in der Badewanne untergetaucht hat, glaubte ich, sterben zu müssen. Ich weiß nicht, wie lang es insgesamt war, aber in dem Moment lief mein Leben wie ein Film vor meinem inneren Auge ab. Gefühlsmäßig hatte ich damals bereits Abschied genommen.“
Und wie konnte Nathalie Birli den Täter dazu bewegen, sie am Ende freizulassen? Das Entführungsopfer: „Wahrscheinlich durch mein Einfühlungsvermögen. Ich war selbst überrascht, wie ruhig ich während des Verbrechens geblieben bin. Erst später hat mir eine Psychologin gesagt, dass es sich dabei um einen dissoziativen Zustand gehandelt hat. Denn ich sah mich nicht aus der IchPerspektive, sondern von oben, wie in einem Film. Das ist scheinbar ganz typisch.“ Was weiß Nathalie Birli heute über den Täter? „Er wurde als schizophren eingestuft und ist immer noch in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Reue hat er keine gezeigt. Vor Gericht hat er gesagt, er verstünde nicht, warum er eingesperrt würde, denn er habe mich ja nach Hause gebracht und am Leben gelassen. Er versteht nicht, dass er ein Verbrechen begangen hat. Und genau das macht ihn so gefährlich.