„Mord auf dem Inka-Pfad“: Die wahre Geschichte zum True-Crime-Juwel im Ersten

30.04.2025 um 15:30 Uhr
    Jona (Thomas Prenn) und seine Frau Ursula (Amelie Kiefer) in Peru. | ©

    Hat ein Tourist auf Hochzeitsreise seine Frau getötet? Die ARD-Miniserie „Mord auf dem Inka-Pfad“ rekonstruiert einen wahren Fall von 1997 und sorgt dabei für beste True-Crime-Unterhaltung.

    Ein Artikel von HÖRZU Redakteurin Ulrike Schröder

    Einige Namen und Handlungselemente wurden geändert.“ Das stellt schon der Vorspann klar. Zwar heißt das Opfer wie in der Realität Ursula Glück. Ihr verdächtiger Ehemann aber wurde in Jona Kepler umbenannt. Sein richtiger Name: Ilan Tesler – er wurde 2002 verurteilt. Dass es je zum Prozess gegen ihn kommen würde, schien lange unwahrscheinlich. Doch eine Münchner Kommissarin ließ auch fünf Jahre nach dem Mord nicht locker: Ihr kriminalistischer Dickkopf führte zu einer der aufwendigsten, langwierigsten Ermittlungen der bundesdeutschen Polizeigeschichte. Wie der Täter doch noch überführt wurde, zeigt der Vierteiler „Mord auf dem Inka-Pfad“ (Mi, 30. April, 20.15 Uhr im Ersten).

    „Das Besondere an diesem Krimi ist, dass man von Anfang an weiß, wie er ausgeht“, erklärt Hauptdarstellerin Nina Gummich. „Aber dieser Mann hat bis zuletzt alles abgestritten. Wie hat sie ihn am Ende ,gekriegt‘?“ Der Fall: Krebsforscherin Dr. Ursula Glück aus München ist 34 Jahre alt, als sie im Januar 1997 mit ihrem israelischen Mann Jona Kepler nach Peru reist. Höhepunkt der Traumtour: die Wanderung auf dem Inka-Pfad in den Anden – bis zur berühmten Ruinenstadt Machu Picchu. Das Ehepaar zeltet am Wegrand – da kommt es zum Drama. 

    Trailer „Mord auf dem Inka-Pfad“

    Kepler berichtet später: In der Nacht sei das Paar von Räubern überfallen worden. Das Geräusch des Reißverschlusses, der von außen aufgezogen wird, habe ihn geweckt. Dann habe der Eindringling seiner schlafenden Frau in den Kopf geschossen und ihm alles Geld abgenommen. Er habe bei seiner Frau gewacht, bis am Morgen die nächste Reisegruppe vorbeigekommen sei.

    Fakt ist: Ursula Glück stirbt später im Krankenhaus. Die örtliche Polizei entlässt Kepler nach eingehender Vernehmung, der Fall geht nach München. Und Kommis­sarin Rita Berg ist bald überzeugt: Kepler hat seine Frau selbst getötet, den Überfall nur erfunden. Der selbstsichere Verdächtige findet zwar auf alles eine Antwort, doch die Ungereimtheiten häufen sich. 

    Wie kann Kepler eine erstaunlich genaue Täterbeschreibung abgeben, obwohl es dunkel war? Warum blieb er bei seiner bewusstlosen Frau, statt im nächsten Camp Hilfe zu holen? Und wieso hat das Paar ganz allein am Inka-Pfad campiert? „Wir waren verliebt“, kontert Kepler. Auch Bergs Kollegen haben Zweifel: Hätte Kepler seine Frau beseitigen wollen – „warum hat er sie nicht einfach einen Hang hinuntergestoßen?“ 

    Die peruanische Polizei lässt Jona Kepler laufen

    Parallel zeigt die peruanische Polizei wenig Interesse an der Aufklärung des angeblichen Überfalls. Man will wohl keine Touristen verschrecken. Wichtige Beweise wie die sichergestellte Patronenhülse aus der Mordwaffe sind plötzlich unauffindbar. Rita Berg muss Jona Kepler laufen lassen – auch auf Anweisung von oben: Der Fall ist politisch brisant, Kepler wäre der erste Israeli, der in Deutschland wegen Mordes angeklagt würde. 

    Erst 1999 taucht Jona Kepler erneut auf Kommissarin Bergs Radar auf. Diesmal setzt sie sich durch und leitet kostspielige Ermittlungen ein, die bis nach New York und endlich auch nach Peru führen. Dort folgt Rita Berg mit einem großen Expertenteam selbst dem InkaPfad – bis hin zum Tatort. Der Film bietet eindrucksvolle Schauplätze – obwohl er nicht in Peru, sondern bei Kapstadt in Südafrika gedreht wurde.  

    Vor der Reise nach Peru hatte Ilan Tesler, hier 2001 vor Gericht, fünf Lebensversicherungen auf seine Frau abgeschlossen – nach ihrem Tod war er reich. 2002 wurde er in einem spektakulären Indizienprozess verurteilt wegen heimtückischen Mords – lebenslänglich! Das Urteil blieb umstritten: 2009 wurde Tesler in seine Heimat Israel überstellt. Letztlich hat er die Tat doch noch gestanden – möglicherweise um seine Haftstrafe zu verkürzen. Tatsächlich soll der „AndenMörder“ demnächst entlassen werden.

     

    Das Herzstück aber bilden Bergs Konfrontationen mit Kepler: Die Verhörszenen sind besonders packend. „Auch weil wir zeigen, was in den Figuren vorgeht – ganz abgesehen von dem, was sie sagen“, so Nina Gummich. Ihre unerbittliche Kommissarin hat ein reales Vorbild – das aber anders heißt. „Wir haben über sie nur herausgefunden, dass sie nach Abschluss des Falls versetzt wurde – aber nicht, wie sie heute dazu steht.“ Plagt sie womöglich das Gewissen? 

    „Ich durfte 162 Seiten Gerichtsurteil lesen“, erläutert Gummich. „Wir haben Ermittler von damals getroffen, und ich konnte mit dem Anwalt von Tesler sprechen. Bei manchen Äußerungen stellt man auf einen Schlag alles wieder infrage: Haben wir uns etwa von den Indizien blenden lassen?“ Dieser True-Crime-Fall lässt auch das Publikum nicht los.

    TV
    TV