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„Kommissarin Lucas“ tritt ab: So schwer fällt Ulrike Kriener der Abschied

07.10.2023 um 14:30 Uhr
    Ulrike Kriener quittiert ihren Dienst als ZDF-Ermittlerin.  | © ZDF Ulrike Kriener quittiert ihren Dienst als ZDF-Ermittlerin.  | ©ZDF

    Seit 20 Jahren ermittelt Ulrike Kriener als Ellen Lucas im ZDF. Nun löst die Schauspielerin ihre beiden letzten Fälle. In HÖRZU verrät sie, welche heiße Spur sie in Zukunft verfolgen will.

    Sie quittiert ihren Dienst: Ulrike Kriener ermittelt im Oktober zum letzten Mal in zwei Fällen als „Kommissarin Lucas“ (jeweils Sa, 7/28. Oktober, 20.15 Uhr). Die beiden Episoden „Helden wie wir“ und „Finale Entscheidung“ sind ab 30.9. schon in der ZDF-Mediathek abrufbar. Nach 20 Jahren heißt es für den beliebten Samstagabendkrimi: Schluss, aus, vorbei!

    Es war Krieners eigene Entscheidung – obwohl sie die Figur der knorrigen Ermittlerin Ellen Lucas sehr gern mag. Im Exklusiv-Interview verrät die 68-Jährige, warum es nun Zeit für Neues ist und welche Vorzüge das Älterwerden hat.

    HÖRZU: Sind Sie eine Frau der schnellen Entscheidungen?

    ULRIKE KRIENER: Es kommt darauf an. Einige Dinge entscheide ich blitzschnell, an anderen kaue ich wochenlang herum. Wie schwer fällt der Abschied? Der größte Verlust ist, dass ich das Team nicht mehr regelmäßig sehe. Die Menschen, die mir ans Herz gewachsen sind. 20 Jahre lang habe ich die Rolle geprägt, aber sie mich auch. Meine Zeit als Schauspielerin ist ja auch nicht unbegrenzt. Da möchte ich noch einiges ausprobieren und frei sein, da möchte ich Komödien spielen und Experimente machen. Da möchte ich absagen können, wenn mir danach ist. Ich möchte mehr Freiheit. Für alle Beteiligten ist das Ende von „Kommissarin Lucas“ mit Wehmut und mit einer Träne im Knopfloch verbunden, weil es doch sehr schöne und sehr erfolgreiche Jahre waren, die wir miteinander hatten. Aber nun ist es gut so.

    Gab es einen konkreten Auslöser?

    Ich habe vor ein paar Jahren die Abschiedsrede für den Polizeipräsidenten in Regensburg halten dürfen. Wir hatten vergleichbare biografische Daten – mit dem Unterschied, dass er in den Ruhestand ging. Am Ende sagte er zu mir: „Jahrelang habe ich mich um die Täter gekümmert, jetzt ist es Zeit, dass ich für die Opfer da bin.“ Er hat sich ehrenamtlich im Hospiz engagiert. Das fand ich so eine reife, tolle Art, sein Arbeitsleben abzuschließen. Das hat mich nachhaltig beeindruckt. Als Schauspielerin hat man das Privileg, weiterarbeiten zu können, wenn man älter wird. Mein Spielalter sollte ungefähr mit meinem persönlichen Alter passen. Und Polizisten gehen mit 60 in den Ruhestand. Jetzt ist es gut – und die jüngeren Kollegen sollen mal ran.

    Wie wichtig war die Rolle der Kommissarin in Ihrem Leben?

    Es war eine ganz tolle Zeit. Ich habe so viel gelernt. Ich hatte in diesen 20 Jahren immer wieder andere Kollegen, Regisseure und Autoren – dadurch hat sich Kommissarin Lucas stets verändert. Es muss nicht immer eine neue Rolle sein, die mich als Schauspielerin voranbringt, es kann auch die lange Beschäftigung mit einer Figur sein. Was mögen Sie an Ellen Lucas? Dass sie so gar nicht konziliant unweibchenmäßig ist. Dass ihr nicht wichtig ist, ob sie für ihre Entscheidungen oder ihre Raubeinigkeit gemocht oder abgelehnt wird. Dass sie ihre Unabhängigkeit hat und sagen kann: „Das ist jetzt nötig, egal wie dumm ihr guckt.“ Das mochte ich sehr gern an ihr. Das können Frauen oftmals nicht so gut.

    Beschäftigen Sie sich auch so viel mit dem Älterwerden wie Ellen Lucas?

    Doch, schon. Wo ich bin und wo ich stehe, damit beschäftige ich mich. Hat das Älterwerden Vorteile? Ich finde ja. Natürlich hat man nicht mehr den Körper einer jungen Frau, aber ich spüre eine größere innere Freiheit. Ich möchte offen sein für das, was noch kommt, und mit meinem Mann noch ein bisschen reisen und Dinge ausprobieren. Man hat auch ein stärkeres Selbstbewusst - sein und eine größere Gelassenheit. Kämpfen Sie heute mehr für Ihren Freiraum als etwa mit 40 Jahren? Ich denke, ich habe mir immer meinen Freiraum genommen, und jetzt spüre ich, dass ich loswerden möchte, was ich kann. Ich möchte das nicht zurückhalten.

    Worauf können sich Ihre Fans freuen?

    Im Dezember zeigt das ZDF „Mona und Marie II“ mit Maren Kroymann und mir. Im Kino bin ich in „Eine Million Minuten“ in einer kleineren Rolle zu sehen. Und im Winter drehe ich ein Fernsehspiel, eben - falls für das ZDF. Wenn man Sie ansieht, kann man kaum glauben, dass Sie in gut einem Jahr 70 werden. Was tun Sie dafür? Aus der Nähe sieht man es schon, aber vielleicht habe ich auch Glück. Ich bin kein Sportsfreund, aber ich bewege mich viel: gehe wandern, arbeite im Garten. Ich glaube zudem, dass die eigene Einstellung jung hält, etwa die Freude an dem, was ich tue. Bloß nicht meckern! Ich mache gern Witze – auch sehr gern welche, die über die Stränge schlagen oder danebengehen. Das gehört alles mit dazu. Humor macht nicht jünger, aber er macht das Leben leichter – und das ist entscheidend.

    Sind Sie heute noch so mutig wie mit 17, als Sie Ihr Elternhaus in Bottrop verließen, nach Hamburg gingen und dort später noch das Abitur machten?

    Aus heutiger Sicht klingt das so entschieden, aber es war kein rationaler Schritt. Ich war keine besonders gute Schülerin, habe die Schule gehasst, und ich fand meine Eltern sehr streng. Also bin ich abgegangen, um einen Beruf zu lernen. Aber in meiner Lehre als Arzthelferin kam ich nicht klar – weder mit dem Arzt noch mit der Art des Umgangs als Lehrling. Dann habe ich mich verliebt und bin nach Hamburg abgehauen, zum Schrecken meiner Eltern. Und dort bin ich zurück ans Gymnasium und habe Abitur gemacht. Die Entscheidung, Schauspielerin zu werden, war sicher die glücklichste meines Lebens.

    Was bedeutet Ihnen der Beruf heute?

    Alles. Ich hatte sehr viel Glück, dass ich immer davon leben konnte. Das ist nicht selbstverständlich. Mein Beruf ist für mich wie ein Schlüssel zu allen Lebensfragen und Themen. Jede Rolle stellt neue Anforderungen an mich – man kann sich immer weiterentwickeln. Welche Werte sind Ihnen wichtig? Freundschaft zählt für mich, Verbindlichkeit. Für den anderen da zu sein und das auch erwarten zu können, besonders in der Not. Immer wieder einen Weg zu finden, Dinge ehrlich zu sagen, die einem am Herzen liegen. Keine Lügen! Und wenn es geht, auch keine Notlügen.

    Wofür sind Sie dankbar im Leben?

    Für das, wie es jetzt ist – wenn ich mit meinem Mann heute Abend essen gehe oder mit meinem Sohn telefoniere. Für den kleinen Igel, der seit ein paar Tagen im Garten wohnt. Für alles. Dankbarkeit ist eigentlich ein Grundgefühl, das ich habe, wenn ich aufstehe.