Klartext vom Ex-Kommissar: "Tatort"-Flut ruiniert die Qualität

03.07.2025 um 10:00 Uhr
    Zwei ältere Männer im Gespräch draußen, einer mit karierter Schiebermütze, der andere mit Mütze und Brille, wirken ernst. | © IMAGO / Allstar / Mary Evans AF Archive Ndr12572142
    Zu viel des Guten: Charles Brauer kritisierte in einem Interview das Übermaß an "Tatort"-Folgen im deutschen Fernsehen. | ©IMAGO / Allstar / Mary Evans AF Archive Ndr12572142

    Charles Brauer, der von 1986 bis 2001 als Hamburger Kommissar Peter Brockmöller an der Seite von Manfred Krug im "Tatort" ermittelte, kritisiert das heutige Überangebot an Krimis in der ARD scharf. Im Interview spricht der 90-Jährige über die inflationäre Zahl an Ermittlerteams, sinkende Drehbuchqualität und fragwürdige Besetzungsentscheidungen.

    Zwar befindet sich der "Tatort" gerade in der Sommerpause, doch während der Saison ermitteln 22 Teams in ganz Krimi-Deutschland. Zu viel, wenn man "Tatort"-Urgestein Charles Breuer fragt. "Der 'Tatort' ist inflationär geworden. Es ist viel zu viel", kritisierte der 90-Jährige im Gespräch mit "t-online". "Mittlerweile wissen die Leute manchmal nicht mal mehr, ob das jetzt noch eine neue Folge ist oder eine Wiederholung." Zu seiner Zeit als Kommissar, also zwischen 1986 und 2001, sei das noch anders gewesen: "Als Manfred Krug und ich aufgehört haben, war das höchste der Gefühle, dass der NDR drei 'Tatorte' mit uns gemacht hat."

    Aufgrund des Übermaßes sei es laut Breuer kein Wunder, dass die Qualität leide: "Bei so vielen 'Tatort'-Folgen heutzutage können die Drehbücher nicht immer gut sein." Trotzdem gebe es immer wieder Folgen, die herausstechen, so der Schauspieler. Besonders das Wiener Gespann habe es ihm angetan: "Krassnitzer und Neuhauser sind ein sehr gutes Gespann, die gucke ich sehr gerne." Meist aber schaue er den "Tatort" eher zufällig: "Ich war nie ein regelmäßiger Zuschauer, aber das sind die meisten Schauspieler nicht."

    "Vollkommener Quatsch": Ex-"Tatort"-Star grämt sich wegen Rollenbesetzungen

    Wie die Rollen für TV-Produktionen verteilt werden, stieß Charles Brauer ebenfalls negativ auf. Dass "mehr Minderheiten bedient werden müssen", sei prinzipiell gut - allerdings nur, solange man kein Dogma daraus mache. "Der absolute Schwachsinn ist natürlich, wenn für eine Rolle mit Bulimie auch die Schauspielerin Bulimie gehabt haben muss oder für eine Rolle im Rollstuhl nur ein Schauspieler im Rollstuhl infrage kommt", argumentierte Brauer. "Das ist vollkommener Quatsch."

    Damit gehe in den Augen Brauers eine Beschneidung des künstlerischen Anspruchs einher: "Das geht an die Substanz des Berufs und das ist schade. Dann könnte ich auch keinen Mörder spielen, das ist das krasseste Beispiel dafür." Zurückhalten lässt sich der Mime davon - und auch von seinem hohen Alter - aber nicht. Zwar hat er seine TV-Karriere beendet, auf der Theaterbühne ist der 90-Jährige aber nach wie vor aktiv. Fans können den einstigen "Tatort"-Ermittler etwa im November im Ernst-Deutsch-Theater Hamburg auf der Bühne sehen: im Zwei-Personen-Stück "Dienstags bei Morrie".

    Quelle: teleschau

    • Krimi

    „Tatort“ im Quoten-Sinkflug – zieht der „Polizeiruf 110“ vorbei?

    Die Frage, welche ARD-Krimis die besseren sind, „Tatort“ oder „Polizeiruf 110“, lässt sich objektiv sicher nicht beantworten. Beide Krimireihen haben ihre Stärken und Schwächen. Die Quoten zeigten früher eindeutig, wer in der Zuschauergunst die Nase vorn hat, aber der Abstand zwischen dem Platzhirsch „Tatort“ und der kleineren Schwester „Polizeiruf 110“ ist deutlich geschrumpft. Was sagt die ARD zum schwächelnden „Tatort“? Man muss nicht lang ermitteln, um dem Grund dafür auf die Spur zu kommen. Während der „Tatort“ im Ersten immer mehr Zuschauer*innen verliert, konnte der „Polizeiruf 110“ in den letzten Jahren kontinuierlich Fans hinzugewinnen. Laut HÖRZU-Analyse ist der Abstand zwischen den ARD-Reihen bereits vor dem Saisonfinale deutlich geringer als in den Vorjahren. In der aktuellen Krimi-Saison, die mit der Sommerpause bald endet - gelang es nur zwei „Tatorten“ – jeweils aus Münster – bei der linearen Erstausstrahlung im Ersten die 10-Millionen-Zuschauermarke zu knacken. Vor wenigen Jahren schafften das auch andere „Tatort“-Stars, etwa aus Köln oder München. Auf Platz 3: Der Kölner „Tatort – Restschuld“ mit 9,94 Millionen Zuschauer:innen. Bemerkenswert: Die beiden schwächsten „Polizeiruf 110“-Folgen – beide mit Johanna Wokalek – lagen mit 7,02 Mio. („Ein feiner Tag für den Bananenfisch“) bzw. 6,12 Mio. („Jenseits des Rechts“) deutlich vor vor den „Tatort“-Schlusslichtern Dortmund („Made in China“, 5,20 Mio.), Hannover („Im Wahn“, 5,32 Mio.), Dortmund („Feuer“, 5,95 Mio) und Frankfurt („Es grün‘t so grün, wenn Frankfurts Berge blüh’n“, 6,06 Mio.).

    Weiterlesen

    „Tatort“-Star Miroslav Nemec wird 70 und sorgt sich um seine Töchter

    Herzlichen Glückwunsch, Herr Kommissar! Was sich „Tatort“-Ermittler Miroslav Nemc zu seinem 70. Geburtstag wünscht. Ein Artikel von HÖRZU-Reporter Sven Sakowitz Etwas grummelig und impulsiv, aber mit einem großen Herzen und viel Sinn für Gerechtigkeit ausgestattet: So begeistert der Schauspieler Miroslav Nemec als Münchner „Tatort“-Kommissar Ivo Batic schon seit 1991 das TV-Publikum. Gemeinsam mit seinem kongenialen Kollegen Udo Wachtveitl, der den unkonventionellen Kommissar Franz Leitmayr spielt, ist Nemec bislang 95-mal auf Mörderjagd gegangen. Fünf Einsätze sollen noch folgen, dann ist Schluss. Das ist schade, aber im echten Leben wäre Nemec als Ermittler längst außer Dienst: Am 26. Juni feiert er seinen 70. Geburtstag. Aus diesem Anlass zeigte der Bayerische Rundfunk noch einmal die Doku „Lebenslinien. Miroslav Nemec: Der ,Tatort‘-Kommissar und ich“ sowie den „Tatort“-Fall „… und die Musi spielt dazu“ aus dem Jahr 1994 (beides in der ARD-Mediathek abrufbar). Von Kroatien nach Bayern „Unsere Anfänge beim ,Tatort‘ verliefen etwas holprig“, erinnert sich Miroslav Nemec im Gespräch mit HÖRZU. „Udo und ich sind mit großer Begeisterung zu Werke gegangen, nur die Geschichten der ersten beiden Episoden gefielen uns noch nicht so besonders. Ich musste auch erst mal einen stimmigen Charakter für diesen Batic entwickeln. Was ist das für ein Typ? Wie verhält er sich? Aber so etwa ab dem dritten Film nahm die Sache auf allen Ebenen mehr und mehr Gestalt an und machte richtig Spaß. Das ist bis heute so geblieben.“ Und eine erstaunlich langlebige Erfolgsgeschichte geworden.

    Weiterlesen
    Krimi , TV
    Krimi, TV