„Aktenzeichen XY“-Moderator Rudi Cerne und die Kriminalpsychologin Lydia Benecke sprechen im HÖRZU-Interview über die neue Folge von „Aktenzeichen XY Gelöst“ und ihre emotionale Nähe zu den Themen Mord und Totschlag.
Mit „Aktenzeichen XY… Ungelöst“ moderiert er die erfolgreichste Fahndungssendung im deutschen TV. Seine Markenzeichen sind dabei Seriosität, Professionalität, Glaubwürdigkeit. In der neuen Sonderausgabe „Aktenzeichen XY… Gelöst“ (Mittwoch, 6. März, 20.15 Uhr im ZDF) steht Rudi Cerne zudem zum siebten Mal eine Expertin zur Seite: Kriminalpsychologin Lydia Benecke, Autorin des Buchs „Sadisten“. Wie gewohnt gibt sie in der Sendung Einblicke in die Psyche von Mördern. In HÖRZU sprechen Cerne und Benecke über Risiken und Nebenwirkungen ihres Jobs.
Ein Interview von HÖRZU Chefreporter Mike Powelz
HÖRZU: Herr Cerne, was verbindet die drei Mordfälle, die in der kommenden Ausgabe von „Aktenzeichen XY… Gelöst“ vorgestellt werden?
RUDI CERNE: Bei den drei Verbrechen handelt es sich um Kapitaldelikte, die nach langer Zeit dank einer unglaublichen Sisyphusarbeit der Kriminalpolizei aufgeklärt werden konnten. Hand in Hand mit Psychologen und Profilern gelang ihr schlussendlich die Überführung der Mörder.
LYDIA BENECKE: Auch wenn die Verbrechen aus „Aktenzeichen“ unterschiedliche Hintergründe haben, gibt es eine Ähnlichkeit: die Zuschauerreaktion. Die meisten Menschen fragen sich, warum jemand einen anderen töten kann.
Wie hat sich Ihr Blick auf die Schattenseiten der menschlichen Seele durch die Beschäftigung mit Mord, Totschlag und Gewalt verändert?
CERNE: Verändert hat sich nichts, weil ich immer ein vorsichtiger Mensch war. „Aktenzeichen“ hat mich darin zusätzlich bestärkt. Im Grunde lautet mein Motto seit jeher: Augen auf, nach links und rechts. Und manchmal muss man auch versuchen, die Augen nach hinten zu öffnen. Das ist nicht immer einfach. Trauen Sie Menschen alles zu?
BENECKE: Ja, was übrigens mit dazu beigetragen hat, dass ich diesen Job gewählt habe. Denn ich bin in einer Hochhaussiedlung im Ruhrgebiet aufgewachsen, wo Verbrechen wie Einbrüche, Drogenhandel, Brandstiftung und Körperverletzung Alltag waren. Trotzdem fühlte ich mich nie in persönlicher Gefahr, geschweige denn in Lebensgefahr. Ich war das „nerdige“ Kind, das im Kinderzimmer sitzend Bücher las und die Umgebung eher beobachtete als daran teilzuhaben. Sie hat mich aber nie dazu gebracht, die Welt als einen schrecklichen Ort zu sehen, sondern als einen, in dem es gute und unschöne Dinge gibt.
Haben Sie nachts manchmal Albträume von Verbrechen?
BENECKE: Noch nie. Sie beschäftigen mich eher analytisch als emotional. Als ich jung war und begann, alles über Verbrechen zu sammeln, sorgte sich meine Mutter. Sie fragte sich, warum ich als Elfjährige ständig Berichte über Verbrechen las. Sie suchte sogar eine Erziehungsberatung auf. Aber ich hatte nie Ängste. Verbrechen waren für mich ein Teil des Lebens, und sich wiederholende Muster bei Verbrechen faszinierten mich. Doch ich wurde dadurch emotional nicht beeinträchtigt. Ich habe in meiner Schulzeit immer über Verbrechen geschrieben, sogar meine Facharbeit handelte von Kindern, die töten. Meine Schule unterstützte mein Talent. Ich konnte mein Interesse immer verfolgen und trug keine negativen Folgen davon. Leben wir in einer zunehmend gefährlicheren Welt?
CERNE: Die Welt war immer gefährlich. Ich selbst wuchs in einer Zeit auf, in der der Kindermörder Jürgen Bartsch mehrere Jungs sexuell missbraucht und umgebracht hat. Damals sensibilisierten mich meine Eltern dafür, auf dem 15-minütigen Heimweg von der Schule – wir wohnten in Wanne-Eickel – mit keinem Fremden mitzugehen.