„Bonn: Alte Freunde, neue Feinde“: Agenten gegen Altnazis in der jungen BRD

17.01.2023 um 11:20 Uhr
    Otto John (Sebastian Blomberg), Chef des Verfassungsschutzes, fahndet nach Altnazis in der jungen BRD. | © ARD Otto John (Sebastian Blomberg), Chef des Verfassungsschutzes, fahndet nach Altnazis in der jungen BRD. | ©ARD

    Der ARD-Sechsteiler „Bonn: Alte Freunde, neue Feinde“ ist hochkarätig besetzt und zeigt den Kalten Krieg zwischen Ost und West in der jungen Bundesrepublik der 1950er Jahre. Wie viel Wahrheit steckt in der spannenden Miniserie „Bonn“ über deutsche Agenten und Altnazis?

    Deutschland 1954: Obwohl der Zweite Weltkrieg inzwischen neun Jahre zurückliegt und der gesellschaftliche Wohlstand allmählich aufkeimt, sind die kollektiven Traumata und psychischen Wunden noch lange nicht geheilt. Einzig Kriegsprofiteure und Idealisten blicken hoffnungsvoll nach vorn – und die jüngeren Bundesbürger. Eines der größten Probleme: Die Naziideologie ist noch immer fest in den Köpfen vieler Menschen verankert. Zudem sind hochrangige Kriegsverbrecher noch immer nicht vor Gericht gestellt worden.

    Um zu verhindern, dass Altnazis, ausgestattet mit Scheinidentitäten, Zuflucht in anderen Ländern finden können, zieht der Bundesverfassungsschutz unter Leitung von Otto John alle Register. Doch er hat seine Rechnung ohne den Auslandsgeheimdienst gemacht: die „Organisation Gehlen“, Vorläuferin des heutigen Bundesnachrichtendiensts (BND), die Kriegsverbrecher heimlich unterstützt. Zwischen Gehlen und John, den Chefs der konkurrierenden Lager, entbrennt ein erbitterter Kampf.

    Brisante Gemengelage in der jungen Republik

    Eingebettet in diesen historischen Kontext spinnt der mehrere Millionen Euro teure Event-Sechsteiler „Bonn: Alte Freunde, neue Feinde“ eine spannende fiktive Geschichte. Kaum ist die 20-jährige Toni (Mercedes Müller) nach einem Sprachaufenthalt aus London zurück, bekommt sie durch Zufall eine Stelle als Fremdsprachensekretärin bei der Organisation Gehlen. Ehe sich die junge Frau versieht, gerät sie aber in den Konflikt zwischen ihrem Chef Reinhard Gehlen (Martin Wuttke) und dem Leiter des Bundesverfassungsschutzes Otto John (Sebastian Blomberg). Der setzt seinen besten Mitarbeiter Wolfgang Berns (Max Riemelt) auf sie an. Berns’ Mission: Er soll Toni als Spionin anwerben. Nach anfänglichem Zögern verstrickt sich die ambitionierte Sekretärin immer tiefer in skrupellose Machenschaften, Intrigen und erbitterte Kämpfe. Als wäre das nicht genug, verliebt sie sich auch noch in Berns.

    Toni Schmidt (Mercedes Müller) gerät 1954 zwischen die Fronten rivalisierender deutscher Geheimdienste. Tonis Liebhaber Wolfgang (Max Riemelt, li.) ist Agent und kämpft mit Verfassungsschützer John (Sebastian Blomberg) gegen die „Organisation Gehlen“.

    Doch kann sie dem charismatischen Spion wirklich trauen? Und welche Rolle spielt ihr Vater Gerd (Juergen Maurer), ein erfolgreicher Bauunternehmer? „Eines der Alleinstellungsmerkmale unserer aufwendigen Serie ist es, darüber aufzuklären, dass 1954 noch immer unglaublich viele aktive Altnazis im Auslandsgeheimdienst saßen – und wie viele verfassungsfeindliche Dinge sie aus Sicht heutiger Historiker taten“, erklärt Produzent Philip Voges im Gespräch mit HÖRZU. „Geschichtswissenschaftler durften diese Vorgänge erst in den letzten Jahren untersuchen – und in unserer Serie werden sie zum ersten Mal unterhaltsam sowie zugleich aufklärend beleuchtet. Unser Sechsteiler ist sehr nahe an der Wahrheit dran, beispielsweise sind Otto John und Reinhard Gehlen Personen der Zeitgeschichte.“

    Warum wurde die Perspektive einer weiblichen Hauptfigur gewählt? „Ganz einfach“, so Voges: „Frauen waren damals die verletzlichsten Bürger. Sie konnten nichts allein entscheiden und standen kein bisschen auf eigenen Beinen. Obendrein ist es dramaturgisch spannend, eine ansatzweise moderne Figur zwischen die Fronten von Agenten und Altnazis zu stellen.“

    Der Sechsteiler ist ein Muss für Fans historischer Stoffe

    Hauptdarstellerin Mercedes Müller sieht das ähnlich: „Für mich war der Reiz an der Rolle, dass Toni in der damaligen Zeit eine moderne Figur ist, die sich eben nicht damit zufriedengibt, allein Hausfrau und Mutter zu werden. Im Gegenteil: Beim Versuch, ihre beruflichen Interessen zu verfolgen, was damals absolut ein Kampf war, deckt sie jede Menge Lügen auf, die teilweise auch ihre Familie betreffen.“ Darüber hinaus, so Müller, habe es sie fasziniert, mehr über die geheime Inlandsspionage zu erfahren, deren Machenschaften jetzt erst ans Tageslicht kommen: „Ich hätte mir nicht ausgemalt, dass Nazis damals nicht verurteilt, sondern sogar unterstützt wurden, solange man sie für eigene Interessen instrumentalisieren konnte.“

    Der packende Sechsteiler enthüllt Facetten deutscher Geschichte, die erschreckend, ja albtraumhaft sind. Ein Muss für Fans historischer Stoffe. Und ein absoluter Glücksfall: Top-Unterhaltung mit investigativem Ansatz. Endlich einmal.

    "Bonn: Alte Freunde, neue Feinde": Sechs Folgen, immer dienstags und mittwochs, 20.15 Uhr im Ersten, ab 17. Januar und in der ARD-Mediathek.

    "Alte Freunde, neue Feinde - die Doku zur Serie: Di, 17. Januar, 21.45 Uhr im Ersten und hier in der Mediathek