An Torsten Sträter führt diesen TV-Sommer kein Weg vorbei. Zumindest für Comedy-Fans. So eröffnet der Komiker mit dem staubtrockenen Humor, der sonoren Stimme und der Wollmütze als Gastgeber den „ZDF Comedy Sommer“.
Außerdem zeigt das Erste sein Programm „Schnee, der auf Ceran fällt“ (am 13.7., 22.50 Uhr) sowie „Das Gipfeltreffen“ mit Sträter, Olaf Schubert und Johann König (am 6.7., 23.35 Uhr). Wir haben mit dem Mann der Stunde über Auftritte vor Heavy-Metal-Fans gesprochen und darüber, was Comedy mit Fliesenlegen zu tun hat.
Ein Interview von Michael Tokarski.
Herr Sträter, in diesem Sommer sind Sie gefühlt überall. Ist das Timing purer Zufall oder doch ein raffinierter Plan, das deutsche Unterhaltungsfernsehen zu übernehmen?
Keine Sorge, da habe ich null Ambitionen. Wann eine Aufzeichnung ausgestrahlt wird, bestimme ja nicht ich. Wenn mich irgendwelche Omis in der Stadt treffen, sagen die mir: „Sie waren gestern wieder im Fernsehen.“ Ich sage dann: „Nein, da habe ich Rasen gemäht.“
Anfang August haben Sie zudem einen Live-Auftritt in Wacken beim HeavyMetal-Festival. Auf den ersten Blick ziemlich ungewöhnlich, oder?
Darauf freue ich mich riesig! Ich war schon 2019 vor der Pandemie da, und das war ganz toll. Wie eine große Gartenparty. Spielt man vor Metal-Fans anders? Manche Kollegen spielen da die MetalKarte aus. Wenn man die Musik wirklich hört – gut. Tue ich aber nicht. Ich sage den Leuten direkt: Ich höre zu Hause „Motörhead“ nur, um so die Tapeten abzulösen. Trotzdem sind alle unglaublich freundlich. Wahrscheinlich ist jedes Helene Fischer Konzert passiv-aggressiver als Wacken.
Entspringt Ihr Arbeitseifer einem Nachholbedarf? Sie sind spät zur Comedy gekommen, standen mit Anfang 40 erstmals auf einer Bühne.
Nein. Ich schreibe viel und schnell. Und ich schreibe genau so, wie ich rede. Ist also schon mal ein Arbeitsschritt weniger. Ich habe erkannt, wie ich produktiv bin: einfach anfangen zu schreiben, Thema egal. Über Margarine, Lastenfahrräder oder das Ende des Planeten. Später schaue ich dann nach, ob was Gutes dabei ist.
Wie ging’s los mit dem Schreiben?
Aus Langeweile. Ich habe damals bei einer Spedition gearbeitet. Ist eine Weile her. Wenn da einer im Büro telefoniert hat, ging das Internet nicht mehr. Es blieb also nur Microsoft Word. Da habe ich einfach drauflosgeschrieben. Am Ende des Tages hatte ich eine Ausbeute von fünf DIN-A4-Seiten.
Sie haben erst als Erwachsener gemerkt, dass andere Sie witzig finden?
Richtig. Ich hatte schon früh ein Faible für Humor – aber ohne den Anspruch, ihn selbst zu produzieren. Für mehr Ambitionen gab es keinen Nährboden. Wir hatten zu Hause nie viel Geld. Es hieß: „Junge, such dir einen Ausbildungsplatz!“ Das Motto war „Arbeit, Arbeit, Arbeit“.
Hat das auch das Arbeitsethos bei Ihrer Bühnenkunst geprägt?
Was ich mache, ist zu 90 Prozent Handwerk. Wenn einer die zwei Stunden auf der Bühne letztlich Kunst nennen möchte, werde ich nicht widersprechen. Aber letztlich bin ich einfach ein Handwerker.
Ihre Fans würden da wohl widersprechen. Wie viel Talent ist dabei?
Ich habe das Talent, schnell zu sein. Talent ist eine schöne Sache, aber Fleiß schlägt Talent. Ich will zu Hause im Badezimmer ja auch keinen talentierten, sondern einen routinierten Fliesenleger.
Ihr Stil ist dennoch besonders in der Comedy-Szene. Wer hat Sie inspiriert in Sachen Humor?
Jochen Malmsheimer. Auf sprachlicher Ebene ist er wohl das einzige Genie, das wir haben. Und Loriot war das andere Genie, mit seinen superpräzisen Alltagsbeobachtungen. Aber auch Heinz Erhardt und Ephraim Kishon haben mich geprägt.
Sie haben in der Vergangenheit offen über Ihre Depressionen gesprochen und geschrieben. War das schwierig für Sie?
Depressionen sind für mich etwas völlig Normales. Was mich stört, ist, dass es immer angesehen wird, als wäre man lediglich „etwas antriebslos“. Das ist wohl noch so ein Nachkriegsgenerationen-Denken.
Haben Sie nicht den Eindruck, dass sich das zuletzt gewandelt hat, auch dank Prominenten wie Ihnen?
Nein, weil Sie – und das ist keine Kritik an Ihnen – gerade gesagt haben, ich würde „offen“ über Depressionen sprechen. Solange man „offen“ dazu sagen muss, sind wir nicht weit genug. Ich verstehe, dass man keine Lust hat, über Hämorriden oder erektile Dysfunktion zu reden. Aber die Depression ist eigentlich keine stigmatisierte Krankheit. Man muss sie halt nur erklären.
Wie witzig sind Depressionen denn für einen Humoristen, der damit sein Geld verdient? Depressionen an sich überhaupt nicht, aber meine eigenen Depressionen finde ich schon witzig. Weil sie was Absurdes haben.
Wie meinen Sie das genau?
Sie zeigen mir, aus welchem Holz ich geschnitzt bin, wo meine Grenzen sind. Mein Humor ist es, mich in erster Linie über mich selbst lustig zu machen. Zwischenzeitlich waren meine Depressionen puppenlustig. Und diese lustigen Parts picke ich mir raus.
Am 23. Juni läuft „Der ZDF Comedy Sommer“ um 22.55 Uhr im ZDF.